Mehr als drei Jahre sind vergangen, seit Russland die faktische Kontrolle über Mariupol übernommen hat – eine Stadt, die unter den schwersten Bombardierungen der modernen europäischen Geschichte gelitten hat. Heute ist die massive Privatisierung fremden Eigentums durch Konfiskation, Neubauten und Umsiedlung russischer Bürger ein zentrales Element der neuen Strategie des Kremls – trotz offizieller Erklärungen über den „Wiederaufbau“, berichtet Compakt.DE unter Berufung auf The Wall Street Journal.
Russische Vorteile auf fremdem Boden: Geschäfte mit Blut
Die moskautreue Verwaltung erklärte Tausende Wohnungen für „herrenlos“, womit de facto das Eigentumsrecht der geflüchteten Ukrainer aufgehoben wurde. Zugleich erhalten Neusiedler aus Sibirien oder dem Moskauer Umland Hypotheken mit 2% Zinsen und Zugang zu Neubauten, die auf den Trümmern fremder Häuser errichtet wurden. Russische Bauträger mit Regierungsnähe konkurrieren um lukrative Wiederaufbauaufträge mit sämtlichen finanziellen Vorteilen. Der Immobilienmarkt in Mariupol ist zu einem Investmentfeld für „Siege“ auf Kosten des Krieges geworden.
Bevölkerungsaustausch in den besetzten Gebieten
Der Bevölkerungsaustausch mit ethnischen Russen ist keine neue Idee – er wurde bereits in Abchasien, Südossetien und auf der Krim umgesetzt. In Mariupol nimmt diese Strategie industrielle Ausmaße an. Geflüchtete können oft nicht zurückkehren, da ihnen die Einreise verweigert oder ihre Dokumente nicht anerkannt werden. Parallel dazu kaufen Makler verbliebenen Familien von Geflüchteten Wohnungen zu Spottpreisen ab. Staatliche Medien zeigen derweil renovierte Fassaden und inszenierte Beiträge über das „neue Leben am Asowschen Meer“.
Architektur als Werkzeug der Verdrängung
Das Symbol der ausgelöschten Stadt ist das „Haus mit der Uhr“ – ein historisches Denkmal, das 2022 trotz Ankündigungen zur Restaurierung abgerissen wurde. An seiner Stelle steht nun ein Wohnblock, in dem russische Neubürger untergebracht wurden. Ehemalige Bewohner, die ein Rückkehrrecht hatten, stellten plötzlich fest, dass sich das Gesetz geändert hatte – ihr Recht auf „das eigene Zuhause“ wurde durch ein Recht auf „irgendeinen Punkt in der Stadt“ ersetzt. Diese juristische Unschärfe ist nicht zufällig: Je geringer die Rückkehrchancen, desto einfacher für Bauunternehmen, die Kontrolle über Grundstücke und Wohnungen zu erlangen.
Demografischer Umbau der besetzten Regionen
Formell bezeichnet der Kreml dies als „Wiederaufbau“ – in Wahrheit ist es eine systematische Politik der demografischen Umgestaltung. Es geht nicht nur um Wohnungsbau, sondern um gezielten Austausch der Bevölkerung, indem Ukrainer durch Moskau-loyale Personen ersetzt werden. Im Fokus stehen strategisch gelegene Städte am Asowschen Meer.
Leben hinter den Fassaden: Was der Wiederaufbau verschweigt
Die Straßen, in denen offizielle Reportagen gedreht werden, zeigen nur die halbe Wahrheit. Augenzeugen berichten, dass Zehntausende Einwohner Mariupols weiterhin in zerstörten Häusern ohne Heizung, Wasser und medizinische Versorgung leben. Die Fassaden werden saniert – aber die Mauern sind instabil. Die Kameras verschwinden mit den Journalist*innen aus der Stadt.
Unter dem Vorwand des „Wiederaufbaus“ verkauft Russland die besetzten Gebiete an seine eigenen Bürger. Es handelt sich nicht um Wirtschaft, sondern um eine Politik gewaltsamer Ersetzung. Während die Welt die Kriegsstatistiken registriert, zählt Moskau bereits die Quadratmeter für seine neuen Bewohner – auf fremdem Land. Lesen Sie auch: Trump stellt Moskau klare Bedingung zur Vermeidung neuer Sanktionen.