Auktion gestoppt – Empörung über Holocaust-Dokumente in NRW

NRW stoppt Versteigerung sensibler KZ-Dokumente

Wie die Redaktion von compakt.de berichtet, hat eine geplante Auktion in Neuss bundesweit für Empörung gesorgt, da sie hochsensible Relikte aus der Zeit des Nationalsozialismus umfassen sollte. Unter den angebotenen Objekten befanden sich persönliche Briefe von KZ-Häftlingen, Unterlagen der Gestapo sowie medizinische Akten über Zwangssterilisationen. Besonders brisant war ein Judenstern aus dem Konzentrationslager Buchenwald, der ebenfalls versteigert werden sollte. Nach massiver Kritik aus Politik, Verbänden und Öffentlichkeit hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalens die Versteigerung kurzfristig gestoppt.

Herkunft der Objekte und geplante Versteigerung

Der Großteil der angekündigten Exponate stammte von privaten Sammlern, die sie dem Auktionshaus zur Verfügung gestellt hatten. Das Haus Felzmann, das normalerweise auf Münzen und Briefmarken spezialisiert ist, plante eine thematische Auktion unter dem Titel „System des Terrors, Vol. II“. In dem Katalog sollten die Stücke ungeschwärzt erscheinen, einschließlich Fotos, vollständiger Namen und Adressen von Verfolgten. Mehrere Dokumente enthielten zudem Hinweise auf noch lebende Nachkommen. Laut den ursprünglichen Plänen der Veranstalter wäre der Verkauf bereits am Montag gestartet. Die Landesregierung entschied jedoch, dass diese sensiblen Materialien nicht frei gehandelt werden dürfen und sagte die Auktion ab.

NRW stoppt Versteigerung sensibler KZ-Dokumente

Warum die geplante Auktion so kritisch gesehen wurde

Die öffentliche Kritik richtete sich vor allem auf die Frage, ob der Handel mit Leid und Verfolgung moralisch vertretbar ist. Fachleute sahen zudem die Gefahr, dass sensible personenbezogene Daten missbraucht werden könnten. Für viele Beobachter war es unverständlich, dass derartige Dokumente überhaupt auf dem freien Markt erscheinen durften.

Wesentliche Gründe für die Ablehnung waren:
• fehlende Einwilligung der Familien der Opfer
• kommerzielle Nutzung historisch belasteter Objekte
• Risiko der Datenausbeutung
• mangelnde Sensibilität gegenüber Überlebenden
• fehlende Transparenz über die Herkunft der Relikte

Scharfe Reaktionen aus Politik und Institutionen

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Auktion meldeten sich mehrere Institutionen mit deutlicher Kritik zu Wort. Zunächst protestierte das Internationale Auschwitz-Komitee öffentlich gegen die Pläne. Kurz darauf äußerte sich auch Außenminister Johann Wadephul und verurteilte das Vorhaben scharf. Er sagte: „So etwas gehört sich schlicht und ergreifend nicht, und es muss klar sein, dass wir eine ethische Verpflichtung haben gegenüber den Opfern, derartige Dinge zu unterbinden.“ Im Gespräch mit dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski bezeichnete Wadephul das Vorgehen als „ungeheuerlichen Vorgang“. Beide Politiker stimmten überein: „Ein solcher Versuch, ein Geschäft mit dem Verbrechen der Schoah zu machen, ist abscheulich und muss unterbunden werden.“

NRW stoppt Versteigerung sensibler KZ-Dokumente

Für das Dokument zur Zwangssterilisation wurden 400 Euro aufgerufen

Das Echo in der Öffentlichkeit

Parallel zur politischen Kritik organisierte sich auch im Internet Widerstand. Auf mehreren Plattformen riefen Aktivisten zu Protesten vor dem Auktionshaus auf. Viele Nutzer äußerten Unverständnis darüber, wie solche Dokumente überhaupt in privaten Besitz gelangen konnten. Die emotionale Reaktion zeigte, dass das Thema in Deutschland weiterhin tief verankert ist.

Stellungnahmen von Überlebenden-Verbänden

Auch Überlebendenorganisationen reagierten schnell und deutlich. Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, nannte die geplante Veranstaltung in Berlin ein „zynisches und schamloses Unterfangen“. Er kritisierte, dass das Leid der Opfer für finanzielle Zwecke ausgenutzt werde. Nach seiner Einschätzung gehören „Dokumente der Verfolgung und des Holocaust den Familien der Verfolgten“. Sie seien historisch bedeutsam und sollten ausschließlich in Museen oder Gedenkstätten bewahrt werden. Die klaren Worte zeigten, wie stark die emotionale Belastung solcher Vorgänge für Überlebende und deren Angehörige weiterhin ist.

NRW stoppt Versteigerung sensibler KZ-Dokumente

Auch ein Konvolut aus 85 Karten, in denen eine jüdische Familie zwischen den Eltern und den in unterschiedlichen Arbeitslagern zur Zwangsarbeit eingesetzten Kindern schrieb, war für die Auktion vorgesehen.

Warum Archive und Museen als richtige Orte gelten

Viele Fachleute betonen, dass sensible NS-Relikte nicht privat gehandelt werden sollten. Archive und Museen verfügen über geeignete Einrichtungen, um diese Objekte fachgerecht zu lagern und einzuordnen. Zudem gewährleisten sie wissenschaftliche Aufarbeitung und öffentlichen Zugang, ohne die Würde der Betroffenen zu verletzen.

NRW stoppt Versteigerung sensibler KZ-Dokumente

Auch dieser Legitimationsausweis für den 16 Jahre alten Jungen Icek H. soll versteigert werden. Das Dokument ist mit dem traurigen Verweis „Weg am 23.6.44 mit Transport 76“ überstempelt

Einige zentrale Vorteile solcher Institutionen:

  1. fachgerechte Dokumentation
  2. langfristige Erhaltung
  3. Schutz personenbezogener Daten
  4. verantwortungsbewusste Zugänglichmachung
  5. Einbettung in historische Bildungsarbeit

Folgen der öffentlichen Kritik und weiterer Verlauf

Durch den massiven Druck verschiedener gesellschaftlicher Akteure blieb dem Auktionshaus schließlich keine andere Wahl, als den geplanten Verkauf zu stoppen. Die Landesregierung bestätigte am Wochenende offiziell, dass die Versteigerung nicht stattfinden wird. Das Auktionshaus Felzmann selbst war für eine Stellungnahme nicht erreichbar, und bislang blieb unklar, ob die sensiblen Dokumente in Zukunft an öffentliche Einrichtungen oder an Familien der Betroffenen übergeben werden.

Wie es nun weitergehen könnte

Experten gehen davon aus, dass die Debatte über den Umgang mit NS-Dokumenten weiter anhalten wird. Mehrere Organisationen fordern strengere gesetzliche Regelungen, die den Handel mit personenbezogenen Materialien aus der NS-Zeit grundsätzlich untersagen sollen. Die Ereignisse in Neuss dürften daher Auswirkungen auf zukünftige Auktionen ähnlicher Art haben.

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