Bahnstrecke Berlin–Hamburg für neun Monate gesperrt

Zum 1. August 2025 hat die Deutsche Bahn mit der vollständigen Sperrung einer ihrer wichtigsten Fernverkehrsachsen begonnen: Die Strecke zwischen Berlin und Hamburg wird für neun Monate wegen grundlegender Modernisierungsmaßnahmen geschlossen. Betroffen ist nicht nur der Personenverkehr, sondern auch die wirtschaftliche und logistische Anbindung ganzer Regionen.

Darüber berichtet der Spiegel, schreibt Compakt.DE.

Welche Regionen besonders betroffen sind

Die Sperrung hat weitreichende Folgen für Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Rund 30.000 Berufspendler, die täglich zwischen den beiden Metropolen unterwegs sind, müssen mit teils erheblich verlängerten Fahrzeiten rechnen – aus eineinhalb Stunden werden künftig bis zu zwei oder mehr. Ersatzverbindungen können das Defizit nur begrenzt ausgleichen. In ländlichen Regionen entsteht faktisch eine infrastrukturelle Lücke, die sich auch auf Arbeitsmarkt und Standortattraktivität auswirken dürfte.

Umfang der Bauarbeiten und Projektkosten

Die Sanierung betrifft insgesamt 165 Kilometer Strecke. Neben dem vollständigen Gleistausch auf 61 Kilometern wird auch umfangreiche Signal-, Kommunikations- und Bahnstromtechnik modernisiert. Die Deutsche Bahn spricht vom „umfangreichsten Einzelprojekt der Dekade“ mit einem Investitionsvolumen von rund 2,2 Milliarden Euro. Ursprünglich war die Sperrung für fünf Monate angesetzt, nach Neubewertung wurde sie auf neun Monate verlängert.

Ein Novum: Anders als bei früheren Bauabschnitten – etwa zwischen Frankfurt und Mannheim – bleibt diesmal keine Spur offen. Grund ist das hohe Maß an gleichzeitiger technischer Erneuerung entlang der gesamten Strecke.

Verspätungen, Entschädigungen und Druck auf die DB

Die Maßnahme ist Teil eines übergeordneten Sanierungsprogramms der Deutschen Bahn, das über 40 Hauptstrecken bis Mitte der 2030er Jahre modernisieren soll. Doch der Zeitplan gerät ins Wanken. Im Juni räumte der Konzern Verzögerungen bei zahlreichen Vorhaben ein. Das Gesamtprogramm wird nun um mindestens vier Jahre verlängert.

Die Erwartung: eine spürbare Verbesserung der Pünktlichkeit im Fernverkehr – ein Problem, das 2024 seinen Tiefpunkt erreichte. Laut Unternehmensangaben zahlte die Deutsche Bahn allein im vergangenen Jahr 196,8 Millionen Euro an Fahrgastentschädigungen wegen Verspätungen und Zugausfällen – ein Negativrekord seit 1994.

Wie es weitergeht: Risiken und strategische Bedeutung

Die Verbindung Berlin–Hamburg ist eine der meistbefahrenen und wirtschaftlich relevantesten Routen im deutschen Schienennetz. Die Sperrung trifft nicht nur Pendler, sondern auch Logistikunternehmen, Tourismusanbieter und regionale Zulieferketten. Beobachter warnen vor einem „Reisenden-GAU“, sollte es zu weiteren Verzögerungen oder Problemen beim Baufortschritt kommen.

Zwar betont die Deutsche Bahn die langfristigen Vorteile der Erneuerung – mehr Kapazität, höhere Geschwindigkeit, geringere Störanfälligkeit – doch kurzfristig steht der Konzern erneut vor einem Reputations- und Logistikstresstest. Wie effizient die Baukoordination und Kommunikation mit Fahrgästen in den kommenden Monaten abläuft, dürfte entscheidend sein für das öffentliche Vertrauen in den Sanierungskurs der DB. Zuvor berichteten wir auch darüber, was passiert, wenn man Warzen nicht entfernt – gesundheitliche Risiken und Einschätzungen von Expert:innen.

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