Hammerskins-Verbot aufgehoben – Gericht setzt Innenministerium Grenzen

Das Bundesverwaltungsgericht hebt das Verbot der Hammerskins auf. Grund ist die fehlende bundesweite Struktur der rechtsextremen Gruppierung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot der rechtsextremen Gruppierung „Hammerskins Deutschland“ aufgehoben. Wie die Redaktion von compakt.de berichtet, gaben die Richter in Leipzig mehreren Klagen einzelner Mitglieder sowie regionaler Zusammenschlüsse statt. Ausschlaggebend war dabei nicht die ideologische Ausrichtung der Gruppierung, sondern eine formale Frage. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für ein bundesweites Vereinsverbot nicht erfüllt waren. Damit erweist sich eine zentrale Maßnahme der Innenpolitik aus dem Jahr 2023 als rechtswidrig.

Keine Grundlage für ein bundesweites Verbot

Nach Auffassung der Bundesrichter durfte das Bundesinnenministerium die „Hammerskins“ nicht auf Bundesebene verbieten. Voraussetzung für ein solches Verbot ist eine klar nachweisbare bundesweite Organisation. Genau diese konnte das Ministerium nach Ansicht des Gerichts nicht belegen. Die angebliche Gesamtstruktur existierte in der behaupteten Form nicht. Der Verbotsbescheid wurde daher als rechtlich unzulässig eingestuft. Ob inhaltlich Verbotsgründe vorgelegen hätten, spielte in der Entscheidung keine Rolle.

Rechtsextremismus vor Gericht: Urteil zu den Hammerskins

Zentrale Aussage des Gerichts

Der Vorsitzende Richter Ingo Kraft stellte klar, dass allein die formale Struktur entscheidend gewesen sei. Ohne eine übergeordnete, steuernde Ebene fehle dem Bund die Zuständigkeit für ein Vereinsverbot. Die Richter machten deutlich, dass sie nicht über die Ideologie oder Gefährlichkeit der Gruppierung entschieden. Maßgeblich war ausschließlich die rechtliche Konstruktion. Damit setzte das Gericht enge Grenzen für staatliche Eingriffe auf Bundesebene.

Autonome Chapter statt nationaler Führung

Die „Hammerskins“ verstehen sich selbst als Bruderschaft mit Ursprung in den USA. In Deutschland entstanden seit den 1990er-Jahren regionale Chapter. Zum Zeitpunkt des Verbots zählte der Verfassungsschutz rund 130 Mitglieder. Diese seien jedoch dezentral organisiert und weitgehend autonom. Eine nationale Führungsfigur oder eine verbindliche Leitungsebene existiere nicht. Genau diese Argumentation trugen die Kläger erfolgreich vor Gericht vor.

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Treffen ohne verbindliche Beschlüsse

Zwar soll es mehrere bundesweite Treffen pro Jahr gegeben haben, die als sogenannte National Officers Meetings bezeichnet wurden. Nach Angaben der Kläger seien dort jedoch keine bindenden Entscheidungen getroffen worden. Einheitliche Symbole oder eine klare Befehlskette habe es ebenfalls nicht gegeben. Aktivitäten wie Konzerte, Treffen oder Kommunikation seien bewusst abgeschottet und konspirativ organisiert worden. All dies sprach aus Sicht des Gerichts gegen eine zentrale Organisationsstruktur.

Politische Folgen für das Innenministerium

Das Urteil stellt für das Bundesinnenministerium und insbesondere für Nancy Faeser einen weiteren Rückschlag dar. Die damalige Innenministerin hatte das Verbot 2023 als harten Schlag gegen den organisierten Rechtsextremismus bezeichnet. Zeitgleich waren Durchsuchungen in zehn Bundesländern durchgeführt worden. Bereits wenige Monate zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres Verbot kassiert. Auch das Vorgehen gegen das rechte Magazin „Compact“ wurde im Juni aufgehoben.

Was das Urteil konkret bedeutet

Trotz der Entscheidung bedeutet das Urteil keinen Freibrief für rechtsextreme Strukturen. Die regionalen Chapter der „Hammerskins“ dürfen vorerst weiter bestehen. Gleichzeitig betonten die Richter, dass Länder weiterhin einschreiten können. Voraussetzung dafür ist der konkrete Nachweis verfassungsfeindlicher Aktivitäten auf regionaler Ebene. Einzelne Chapter können somit weiterhin verboten werden, wenn entsprechende Belege vorliegen.

Mögliche Konsequenzen des Urteils im Überblick:

  • bundesweites Verbot der Hammerskins bleibt aufgehoben
  • regionale Chapter dürfen zunächst weiter bestehen
  • Landesbehörden können eigenständig Verbote prüfen
  • Nachweis konkreter verfassungsfeindlicher Aktivitäten bleibt entscheidend

Signalwirkung für künftige Verbotsverfahren

Das Urteil dürfte über den konkreten Fall hinaus Bedeutung haben. Es zeigt, wie hoch die rechtlichen Anforderungen an bundesweite Vereinsverbote sind. Behörden müssen eine klare, zentrale Struktur nachweisen können. Ideologische Ausrichtung allein reicht dafür nicht aus. Für zukünftige Verfahren bedeutet dies eine stärkere Fokussierung auf saubere juristische Grundlagen. Gleichzeitig bleibt der Kampf gegen Rechtsextremismus weiterhin möglich, allerdings stärker auf Länderebene.

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