Amazon hat vor dem Landgericht München eine empfindliche Niederlage erlitten. Wie die Redaktion von compakt.de berichtet, stuften die Richter eine Kunden-E-Mail aus dem Januar 2024 als irreführend ein. In dieser Nachricht hatte der Konzern angekündigt, bei Prime Video künftig Werbung einzuführen und eine werbefreie Nutzung nur noch gegen einen monatlichen Aufpreis von 2,99 Euro anzubieten. Nach Auffassung des Gerichts erweckte Amazon dabei den Eindruck, bestehende Verträge einseitig ändern zu dürfen. Genau diese Darstellung wurde als rechtlich unzulässig bewertet.
Verbraucherschützer klagen gegen Amazon
Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Die Verbraucherschützer sahen in der E-Mail eine klare Irreführung der Bestandskunden. Nach ihrer Auffassung wurde suggeriert, dass Prime-Mitglieder künftig für den bisherigen Preis nur noch ein Streamingangebot mit Werbung erhalten würden. Dies käme einer nachträglichen Vertragsänderung gleich. Eine solche Änderung wäre jedoch ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden nicht erlaubt. Das Gericht folgte dieser Argumentation und stellte klar, dass Verbraucherrechte hier verletzt wurden.
Gericht setzt klare Grenzen für Vertragsänderungen
In seiner Begründung zog das Landgericht München eine deutliche Trennlinie zwischen zulässigen und unzulässigen Anpassungen. Amazon dürfe zwar das konkrete Film- und Serienangebot verändern. Die grundlegende Ausgestaltung des Dienstes, also ob Inhalte mit oder ohne Werbung angeboten werden, sei davon jedoch nicht umfasst. Diese Eigenschaft gehöre zum Kern des Vertrags. Laut Gericht hätten sich die Kunden beim Abschluss ihres Abonnements bewusst auf ein werbefreies Angebot eingestellt. Eine spätere Änderung ohne Zustimmung sei daher irreführend und rechtlich unzulässig.
Zentrale Punkte aus dem Urteil
Das Gericht hob mehrere Aspekte hervor, die für den Fall entscheidend waren:
- Prime-Kunden durften von einem dauerhaft werbefreien Angebot ausgehen
- Werbung verändert die Art der geschuldeten Leistung grundlegend
- Einseitige Vertragsänderungen ohne Zustimmung sind nicht erlaubt
- Die Kundenkommunikation muss klar und eindeutig erfolgen
Diese Punkte bildeten die Grundlage für die Entscheidung gegen Amazon.
Amazon muss Kunden offiziell informieren
Als direkte Folge des Urteils wurde Amazon verpflichtet, ein Berichtigungsschreiben an die betroffenen Kunden zu versenden. Darin soll klargestellt werden, dass eine Zustimmung der Bestandskunden zur Vertragsänderung erforderlich ist. Sollte diese Zustimmung nicht erteilt werden, müsste Amazon den werbefreien Zustand wiederherstellen. Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auf einen sogenannten Beseitigungsanspruch. Ob und in welcher Form dieser Anspruch im Einzelfall greift, muss allerdings gesondert geprüft werden. Eine pauschale Lösung wurde bewusst offengelassen.
Amazon widerspricht dem Urteil
Amazon selbst zeigte sich mit der Entscheidung nicht einverstanden. Ein Sprecher erklärte, man respektiere zwar das Urteil, teile jedoch nicht die rechtlichen Schlussfolgerungen. Der Konzern betonte, die Kunden transparent, frühzeitig und im Einklang mit geltendem Recht über die Änderungen bei Prime Video informiert zu haben. Gleichzeitig kündigte Amazon an, das Urteil sorgfältig zu analysieren. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Konzern Berufung einlegen wird. Damit ist der Rechtsstreit noch nicht endgültig abgeschlossen.
Weitere Klagen und Milliardenforderungen
Für die Kunden hat das Urteil vorerst keine unmittelbaren Konsequenzen, da es noch nicht rechtskräftig ist. Verbraucherschützer gehen jedoch davon aus, dass Amazon den Rechtsweg weiter ausschöpfen wird. Parallel dazu laufen mehrere weitere Klagen gegen den Konzern. Diese richten sich sowohl gegen die Einführung der Werbung als auch gegen den monatlichen Aufpreis von 2,99 Euro. Besonders brisant ist eine Gewinnabschöpfungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen. Dabei fordert sie mindestens 1,8 Milliarden Euro von Amazon zurück.
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