Im gesamten Bundesgebiet richtet sich der Blick der Fußballszene auf Leipzig, wo sich zahlreiche Ultra-Gruppen zu einer groß angelegten Demonstration versammeln wollen. Planen Anhänger aus Städten wie München, Berlin, Hamburg, Stuttgart und Dresden einen gemeinsamen Protestzug durch die Innenstadt. Die Aktion richtet sich gegen verschiedene Sicherheitsüberlegungen der Innenminister, die künftig stärkere Kontrollen und neue Maßnahmen im Stadionumfeld vorsehen. Die Stimmung in Sicherheitskreisen ist angespannt, da auch verfeindete Gruppierungen erwartet werden und niemand genau abschätzen kann, wie sich die Lage entwickelt. Gleichzeitig befürchten Fans, dass die vorgeschlagenen Regeln die bestehende Fankultur dauerhaft verändern könnten. Dies berichtet compakt.de unter Berufung auf BILD.
Hintergründe der geplanten Sicherheitsverschärfungen
Die Innenministerkonferenz diskutiert seit Monaten über einheitliche Maßnahmen, die den Stadionbesuch stärker regulieren sollen. Anlass sind verstärkte Auseinandersetzungen im Umfeld von Hochrisikospielen, die immer wieder Schlagzeilen verursachen. Zu den diskutierten Maßnahmen zählen personalisierte Tickets, automatisierte Gesichtserkennung sowie eine bundesweite Kommission für Stadionverbote. Viele Fan-Gruppen betrachten diese Vorschläge als direkten Eingriff in ihre Freiheitsrechte. Die Ultras kritisieren besonders, dass solche Maßnahmen die gesamte Fanszene pauschal unter Generalverdacht stellen würden. Gleichzeitig halten sie den Vorwurf, Pyrotechnik sei grundsätzlich Gewalt, für überzogen und nicht differenziert genug.
Kritik der Ultras an polizeilichen Maßnahmen
In ihrem gemeinsamen Aufruf betonen die Gruppen, dass sie eine Null-Toleranz-Strategie gegen Pyrotechnik für unverhältnismäßig halten. Der Protest richtet sich vor allem gegen folgende Punkte:
- Gleichsetzung von Pyrotechnik mit Gewalt
- Aufbau weitreichender Kontrollmechanismen
- stärkere Polizeipräsenz im Stadion
- pauschale Verdächtigungen gegenüber Fans
- drohende Einschränkungen der Fankultur
Die Ultra-Szenen argumentieren zudem, dass überdimensionierte Polizeieinsätze selbst ein Risiko darstellen. Sie fordern, Einsatzzeiten zu reduzieren und Vereine nicht mit zusätzlichen Kosten zu belasten.
Ultra-Gruppierungen mobilisieren bundesweit
Vor dem Länderspiel der Nationalmannschaft in Leipzig organisieren mehrere Fan-Szenen einen gemeinsamen Marsch durch die Stadt. Die Ultras des Commando Cannstatt 1997 aus Stuttgart, der K-Block von Dynamo Dresden und die Südkurve München gehören zu den aktivsten Gruppen. Auch die Nordkurve Nürnberg, die HSV-Nordtribüne sowie Fanszenen aus Köln, Berlin und Hamburg weisen ihre Anhänger auf den Protest hin. Einige Gruppen rufen offen zur Teilnahme auf, während andere lediglich informieren und die Entscheidung ihren Mitgliedern überlassen. Die Mobilisierung zeigt jedoch, dass sich viele Szenen in ihren Interessen einig sind und den politischen Druck erhöhen wollen.

Beteiligte Städte und ihre Fan-Szenen
Zu den mobilisierenden Gruppen gehören unter anderem:
- München – Südkurve des FC Bayern
- Berlin – Ultras von Hertha BSC und Union Berlin
- Hamburg – HSV-Nordtribüne
- Stuttgart – Commando Cannstatt 1997
- Dresden – K-Block von Dynamo
- Köln – Südkurve des 1. FC Köln
- Nürnberg – Nordkurve Nürnberg
Die Vielfältigkeit der beteiligten Szenen macht deutlich, dass der Protest weit über einzelne Rivalitäten hinausgeht.
Ablauf des Fanmarsches durch Leipzig
Der Protest wurde offiziell angemeldet und soll unter dem Motto „Der Fußball ist sicher! Schluss mit Populismus – Ja zur Fankultur!“ stattfinden. Die Route verläuft nach Angaben der Leipziger Versammlungsbehörde vom Startpunkt Goethestraße über den Augustusplatz, anschließend entlang des Innenstadtrings und zum Ausgangspunkt zurück. Der Marsch ist zwischen 11.30 und 15 Uhr angesetzt, sodass ein langer Abschnitt der Innenstadt stark frequentiert sein wird. Die Polizei kündigt an, das Versammlungsrecht zu gewährleisten und dennoch auf mögliche Konfliktsituationen vorbereitet zu sein. Die Teilnehmer sollen in den Farben ihrer Vereine erscheinen, was das Stadtbild am Protesttag sichtbar prägen wird.
Empfehlungen der Ultra-Anführer
Mehrere Gruppen richten Appelle an die eigenen Anhänger:
- Verzicht auf Pyrotechnik
- kein Mitführen von Vermummungsgegenständen
- respektvoller Umgang mit der Stadt Leipzig
- keine Provokationen gegenüber anderen Fanlagern
- gemeinsames Auftreten im Sinne der Demonstrationsziele
Die Verantwortlichen betonen, dass der friedliche Verlauf entscheidend für die Wahrnehmung der Fankultur sei.
Befürchtete Teilnehmerzahlen und politische Bedeutung
In Sicherheitskreisen wächst die Sorge, dass sich deutlich mehr als 10.000 Ultras in Leipzig einfinden könnten. Da immer mehr Gruppen zur Teilnahme aufrufen, ist ein sehr großer Zustrom nicht auszuschließen. Die Polizei bereitet daher einen umfangreichen Einsatz vor. Der Zeitpunkt der Demo ist bewusst gewählt, denn im Dezember soll die Innenministerkonferenz über den Bericht der Arbeitsgruppe „Fußball ohne Gewalt“ beraten. Bereits am 18. und 19. November finden dazu Vorbesprechungen in Berlin statt, bei denen konkrete Maßnahmen vorbereitet werden. Viele Ultras befürchten, dass aus politischen Ankündigungen sehr schnell verbindliche Regeln werden könnten, die ihre Fankultur langfristig verändern.
Erwartungen für die kommenden Wochen
Die Fanszenen rechnen damit, dass die Debatte nach der Demo weiter Fahrt aufnimmt. Entscheidend wird sein, ob die Politik auf die öffentlichen Reaktionen eingeht oder an den geplanten Maßnahmen festhält. Beobachter gehen davon aus, dass der Protest ein Signal setzen soll, um die Innenminister an den Dialog mit der Fanszene zu erinnern.