Wie die Redaktion von compakt.de berichtet, hat das Land Sachsen-Anhalt der Stadt Magdeburg die Eröffnung des Weihnachtsmarktes untersagt. Nur zwei Wochen vor dem geplanten Start wurde das Verbot ausgesprochen – offiziell aus Sicherheitsgründen. Der Fall löst eine politische Debatte über die innere Sicherheit in Deutschland aus und sorgt in der Landeshauptstadt für heftige Reaktionen.
Hintergrund und Auslöser der Entscheidung
Das Landesverwaltungsamt begründete das Verbot mit unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere beim Zufahrtsschutz und der Organisation der Einsatzkräfte. Der Entschluss fällt ausgerechnet in einer sensiblen Zeit: Parallel begann der Mordprozess gegen Taleb al-Abdulmohsen, der im Dezember 2024 bei einer Amokfahrt über den Magdeburger Weihnachtsmarkt sechs Menschen tötete und 338 verletzte. Die Erinnerung an das Attentat prägt die aktuelle Diskussion.
Reaktionen aus der Stadtverwaltung
- Oberbürgermeisterin Simone Borris kritisiert die Entscheidung als überzogen.
- Die Stadt spricht von einer möglichen Klage gegen das Land.
- Schausteller und Veranstalter zeigen Unverständnis über die späte Absage.
- Ministerpräsident Haseloff beruft einen Krisengipfel ein.
Bürgermeisterin Borris: „Terrorabwehr ist staatliche Aufgabe“
Die parteilose Oberbürgermeisterin Simone Borris (62) übt scharfe Kritik an der Entscheidung aus Magdeburg. In einem offenen Brief an Ministerpräsident Rainer Haseloff (71, CDU) fordert sie, dass das Land seiner Verantwortung nachkommt. „Wenn die Durchführung eines Weihnachtsmarktes als Schaffung eines Anschlagsziels gilt, bedeutet das im Ergebnis: Jede Stadt, die Feste, Märkte oder Kulturveranstaltungen ermöglicht, wird zur Mitverursacherin eines potenziellen Terrorrisikos erklärt“, schrieb Borris.
Weiter heißt es in ihrem Schreiben: „Die Abwehr terroristischer Gefahren im öffentlichen Raum ist eine staatliche Aufgabe – sie liegt beim Land und der Polizei, nicht bei Kommunen oder Veranstaltern.“ Die Stadt habe die Veranstalter angehört, doch diese erklärten, dass sie die geforderten Sicherheitsmaßnahmen „in Teilen nicht umsetzen können und auch nicht bereit sind, staatliche Aufgaben der Terrorabwehr zu übernehmen“.
Stadt erwägt Klage gegen das Land
Da das Land bislang keine Unterstützung anbietet, zieht die Stadt Magdeburg rechtliche Schritte in Betracht. Borris machte deutlich, dass ohne Hilfe des Landes weder ausreichende Sicherheit noch die Eröffnung des Weihnachtsmarktes garantiert werden könne. „Wenn wir jetzt Märkte absagen müssen, weil wir ohne staatliche Unterstützung keine Sicherheit garantieren können, dann hat der Täter der Amoktat vom 20. Dezember 2024 sein Ziel erreicht: Er hat unser gesellschaftliches Selbstverständnis getroffen“, sagte die Oberbürgermeisterin.
Kritik auch vom Schaustellerverband
Der Deutsche Schaustellerbund um Präsident Albert Ritter (72) übte ebenfalls Kritik am Vorgehen des Landes: „Der Weihnachtsmarkt ist fast komplett aufgebaut. Warum erst jetzt – zehn Tage vor dem planmäßigen Start – seitens des Landesverwaltungsamtes Mängel geäußert werden, ist nicht nachvollziehbar.“ Laut dem Verband hätte das Land früher auf mögliche Sicherheitslücken hinweisen müssen, um wirtschaftliche Schäden zu vermeiden.
Regierung reagiert mit Krisengipfel
Ministerpräsident Rainer Haseloff reagierte auf die eskalierende Situation und erklärte den Weihnachtsmarkt zur Chefsache. Er kündigte einen Krisengipfel mit Vertretern der Stadt Magdeburg und des Landesverwaltungsamtes an. „Ziel ist es, einen sicheren Weihnachtsmarkt durchzuführen“, sagte Haseloff gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Oberbürgermeisterin Borris zeigte sich verhalten optimistisch: Sie gehe davon aus, „dass wir es hinbekommen, den Weihnachtsmarkt zu eröffnen“ – möglicherweise jedoch erst einige Tage später als geplant. Die Verhandlungen zwischen Stadt und Land sollen noch in dieser Woche fortgesetzt werden, um eine Lösung zu finden, die Sicherheit und Tradition gleichermaßen berücksichtigt.
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