Deutsches Kartellamt untersucht Temu wegen Verdachts auf Preismanipulation

Kartellamt prüft Temu wegen Preismanipulation

Das deutsche Bundeskartellamt hat eine offizielle Untersuchung gegen den chinesischen Online-Marktplatz Temu eingeleitet, der den europäischen E-Commerce-Markt im Sturm erobert hat. Grund sind der Verdacht auf unfaire Bedingungen für Händler und eine mögliche Beeinflussung der Einzelhandelspreise, wie DW unter Berufung auf Compakt.DE berichtet.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, erklärte, dass Temu ungleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen haben könnte, indem Händler gezwungen wurden, ihre Preise auf ein Niveau zu senken, das den Wettbewerb verzerrt. Laut der Behörde könnte dies zu einer Marktmonopolisierung und steigenden Preisen in traditionellen Vertriebskanälen führen.

Temus Expansion in Europa

Temu, eine Tochtergesellschaft der Whaleco Technology Limited, hat ihren Sitz in Dublin – einem der attraktivsten Steuerstandorte Europas. Die Plattform zählt über 100 Millionen monatliche Nutzer in der EU, davon rund 19,3 Millionen in Deutschland – also etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung. Damit gehört Temu zu den mächtigsten Akteuren im europäischen Onlinehandel, neben Amazon, Shein und eBay. Offizielle Umsatzzahlen sind nicht bekannt, doch Analysten schätzen den Jahresumsatz auf 30 bis 70 Milliarden US-Dollar – ein Vielfaches des Ergebnisses von 2023.

Kern der Vorwürfe: Preisdruck und Lieferantenabhängigkeit

Die Kartellbehörde prüft, ob Temu seinen Partnerhändlern strenge Preisvorgaben oder Exklusivitätsklauseln auferlegt. Erste Berichte deuten darauf hin, dass einige Lieferanten über Druck seitens der Plattform klagten, ihre Produkte unter Selbstkosten zu verkaufen oder intransparente Provisionsbedingungen zu akzeptieren. Solche Praktiken könnten gegen die EU-Wettbewerbsregeln gemäß Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, drohen Temu hohe Geldstrafen und mögliche Beschränkungen in Deutschland und anderen EU-Ländern.

Temu als Teil der neuen Welle chinesischer E-Commerce-Riesen

Temus Aufstieg in Europa markiert eine neue Phase der Expansion chinesischer E-Commerce-Giganten. Die Plattform lockt Kunden mit extrem niedrigen Preisen durch direkte Zusammenarbeit mit Herstellern und minimalen Margen. Dieser Ansatz hat jedoch bereits in Brüssel Besorgnis ausgelöst – insbesondere in Bezug auf Lieferkettentransparenz und Verbraucherschutz. Experten sehen Parallelen zu Shein: aggressives Preisdumping, rasche Skalierung und kaum Qualitätskontrollen. Nun will die EU klare Regeln für solche Akteure schaffen, um das Gleichgewicht zwischen Innovation und fairem Wettbewerb zu wahren.

Bedeutung der Untersuchung für den europäischen Markt

Die deutsche Untersuchung gegen Temu könnte einen Präzedenzfall für die gesamte EU schaffen. Sollten Manipulationen nachgewiesen werden, könnte Temu verpflichtet werden, seine Geschäftsmodelle anzupassen, Preisstrukturen offenzulegen und faire Bedingungen für Partner zu garantieren. Für Verbraucher könnte dies Änderungen bei Rabatten und Lieferbedingungen bedeuten – und für Wettbewerber die Rückkehr zu faireren Marktbedingungen. Die EU zeigt damit deutlich, dass sie bereit ist, entschieden gegen globale Plattformen vorzugehen, selbst wenn diese in Ländern mit lockereren Steuer- oder Regulierungsstandards ansässig sind. Zuvor berichteten wir über den Konflikt im Südchinesischen Meer: Ein chinesisches Schiff rammte ein philippinisches Boot.