Die Ukraine erhält eine weitere Verstärkung ihrer Luftverteidigung: Deutschland hat zugestimmt, Startvorrichtungen und Komponenten des Patriot-Flugabwehrraketensystems zu liefern. Nach vorläufigen Einschätzungen könnten die ersten Elemente bereits im Herbst 2025 in Kiew eintreffen, berichtet Compakt.DE unter Berufung auf die Financial Times.
Diese Entscheidung erfolgt vor dem Hintergrund intensiver russischer Raketenangriffe und ist Teil eines neuen Unterstützungsprogramms Deutschlands, das in Abstimmung mit Washington vereinbart wurde.
Wie viele Patriot-Systeme hat die Ukraine im August 2025?
Aktuell betreibt die Ukraine mindestens sechs aktive Patriot-Systeme. Drei davon stammen aus Deutschland, die übrigen wurden von den USA und anderen Verbündeten geliefert. Diese Systeme sind auf strategisch wichtige Regionen konzentriert – insbesondere zum Schutz von Kiew, Infrastrukturdrehkreuzen, Flugplätzen und Energieanlagen. Dennoch bleibt das Luftverteidigungsnetz fragmentiert. Angesichts der geografischen Größe des Landes ist eine Erweiterung der Patriot-Kapazitäten strategisch unerlässlich.
Was liefert Deutschland? Struktur des Hilfspakets
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärte, dass die Ukraine in den nächsten zwei bis drei Monaten folgende Ausrüstung erhalten werde:
- Patriot-Startvorrichtungen, kompatibel mit vorhandenen Systemen
- Modulare Komponenten zur Erweiterung der Einsatzfähigkeit bestehender Batterien
- Technische Wartungsunterstützung im Rahmen eines Abkommens mit den USA
Die Lieferungen beinhalten keine vollständigen Systeme, da deren Herstellung etwa zwei Jahre dauert. Die Ukraine erhält jedoch laut Minister Vorrang bei der Produktionsreihenfolge.
Rolle der USA: Druck auf Hersteller als Schlüssel zur Einigung
Die Lieferung der Patriot-Komponenten wurde durch eine trilaterale Koordination zwischen Washington, Berlin und Kiew ermöglicht. Die USA, die das System bei Raytheon produzieren lassen, gaben offiziell grünes Licht für eine geänderte Lieferpriorität. Deutschland erhält seine neuen Systeme später, erhält jedoch Garantien für Ausgleichslieferungen und schnelle Auffüllung durch die USA.
Technische Begrenzungen: Was bedeutet Lieferung ohne vollständige Batterien?
Durch die Lieferung einzelner Startvorrichtungen und Module kann die Ukraine:
- die Abdeckungszone erweitern, indem neue Komponenten in bestehende Kontrollsysteme integriert werden,
- mehr Ziele gleichzeitig abfangen,
- die Belastung der bestehenden Batterien verringern.
Allerdings fehlen Radargeräte des Typs AN/MPQ-65 und vollständige Kommandostrukturen, weshalb die neuen Module nur in Verbindung mit bestehenden Systemen effizient einsetzbar sind. Experten betonen, dass dies eine flexible Erweiterung ohne kompletten Beschaffungszyklus ermöglicht.
Auswirkungen auf die Verteidigung von Kiew und Zentralregionen
Nach dem russischen Angriff auf Kiew im Juli, bei dem 31 Zivilisten, darunter fünf Kinder, getötet wurden, ist die Verstärkung der Luftverteidigung in der Hauptstadt oberste Priorität. Die neuen Patriot-Startvorrichtungen sollen hauptsächlich im zentralen Verteidigungsraum rund um Kiew, Logistikknotenpunkte und das Energiesystem stationiert werden.
Warum IRIS-T keine vollständige Alternative zu Patriot ist
Trotz der Effektivität der ebenfalls gelieferten IRIS-T SLM-Systeme unterscheiden Analysten klar deren Funktionen:
- Patriot kann ballistische Raketen wie „Iskander“ abfangen
- IRIS-T ist effektiver gegen Marschflugkörper, hat aber geringere Reichweite und andere Einschränkungen
Daher bleibt Patriot ein unverzichtbares Element der mehrschichtigen ukrainischen Luftabwehr – besonders angesichts anhaltender russischer Angriffe mit verschiedenen Waffentypen.
Was sagt die ukrainische Regierung?
Der ukrainische Verteidigungsminister Denys Schmyhal bestätigte, dass die bevorstehende Erweiterung des Patriot-Systems das Ergebnis intensiver diplomatischer Arbeit sei. Er erklärte:
„Mehr Luftverteidigungsmöglichkeiten für die Ukraine bedeuten mehr gerettete Menschenleben. Das ist das Ergebnis vereinter Anstrengungen der Verbündeten.“
Ukrainische Regierungsvertreter erwarten, dass sich auch andere EU-Länder wie Italien, die Niederlande und Spanien an der Lieferung zusätzlicher Verteidigungsmodule beteiligen.
Deutschlands Position als führender Partner
In einer Phase, in der die Unterstützung einiger EU-Staaten unbeständig ist, festigt Deutschland seine Rolle als wichtigster Luftabwehrpartner der Ukraine. Zwischen 2023 und 2025 stellte die Bundesrepublik die größte Menge an kritischen Luftverteidigungssystemen bereit.
Laut Pistorius:
„Dies beweist erneut, dass Deutschland der verlässlichste Verbündete der Ukraine in Fragen der Luftverteidigung ist.“
Die Lieferung von Patriot-Komponenten und Startvorrichtungen ist kein Wendepunkt, aber ein strategischer Schritt zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit. In einem langwierigen Krieg können auch unvollständige Systeme entscheidend zur Resilienz der Infrastruktur und zum Schutz der Zivilbevölkerung beitragen. Zuvor berichteten wir auch darüber, wie Deutschland die maritime Navigation in der Ostsee vor russischen Störsignalen schützt.